Abfallwirtschaft
Die Entsorgung von Abfällen und die Reinigung von Straßen in Städten und Gemeinden ist in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Bei der Abfallsammlung, dem Transport und der Behandlung von Abfällen sowie bei Reinigungstätigkeiten an Straßen und Anlagen sind die Beschäftigten unterschiedlichsten Gefährdungen ausgesetzt. Hinzu kommt eine Vielzahl von gesundheitlichen Belastungen. Hohe physische und auch psychische Anforderungen führen gemessen an anderen Tätigkeitsfeldern zu einem höheren Unfallaufkommen und zu deutlich höheren betrieblichen Ausfallzeiten. Für die im Dienstleistungswettbewerb stehenden kommunalen Unternehmen der Abfallwirtschaft ist es daher wichtig, über gesunde, leistungsfähige und leistungsbereite Mitarbeiter zu verfügen. Neben diesen Gemeinsamkeiten sind die einzelnen Arbeitsaufgaben in den Abfallwirtschaftsbetrieben aber äußerst vielschichtig und heterogen. Daraus resultieren viele verschiedene Fragestellungen zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.
Wichtig Themen sind Planung der Abfallsammlung, Abfalltransport mit dem Sammelfahrzeug, Ablieferung und Entleerung, Rückwärtsfahren und Rangieren des Abfallsammelfahrzeuges sowie Persönliche Schutzausrüstungen.
Abfallsammlung Gefährdungen und Maßnahmen
Angefangen bei der Sicherheit des Fahrzeugs und der richtigen Warnkleidung über die Planung einer gefahrenminimierten Route bis zum Verhalten der Abfallwerker und Abfallwerkerinnen im Straßenverkehr! Schäden an Arbeitsmitteln können zu Unfällen führen. Daher müssen die bei der Abfallsammlung eingesetzten Fahrzeuge und auch die Schutzkleidung vor jeder Verwendung kontrolliert werden. Durch Inaugenscheinnahme oder ggf. eine Funktionskontrolle werden offensichtliche Mängel schnell entdeckt und können sofort gemeldet werden.
Rechtliche Grundlagen
- §§9, 35 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
- §§10 – 13, 16 der DGUV Vorschrift 43 und 44 „Müllbeseitigung“
- §36 der DGUV Vorschrift 70 und 71 „Fahrzeuge“
- DGUV Regel 114-010 und 114-011 „Austauschbare Kipp- und Absetzbehälter“
- DGUV Grundsatz 314-002 „Prüfung von Fahrzeugen durch Fahrpersonal“
- DGUV Grundsatz 314-003 „Prüfung von Fahrzeugen durch Sachkundige“
Gefährdungen
Für Ihre Beschäftigen können sich u.a. Gefährdungen ergeben durch:
- Kollision mit anderen Fahrzeugen aufgrund Straßenüberquerung im fließenden Verkehr,
- Kollisionen und Fahrzeugbeschädigungen an zu engen oder zu niedrigen Durchfahrten,
- Aufenthalt im Gefahrenbereich von rückwärtsfahrenden oder rückwärtsrollenden Fahrzeugen,
- Absturz oder Umsturz des Fahrzeugs an zu schmalen und nicht tragfähigen Fahrwegen,
- Einschränkung der Fahrsicherheit bei Überladung des Fahrzeugs,
- Überforderung und Stress aufgrund zu knapper Tourenplanung,
- ungeeignete Bereitstellungsplätze, Überbeanspruchung beim Transport von
- eingeschränkte Begehbarkeit von Verkehrswegen, z.B. aufgrund von Schnee, Eis,
- Gefährdung des Fahr- und Ladepersonals sowie Dritter im Straßenverkehr
- Unfallgefahren bei der Ladearbeit (z.B. durch herabfallende Behälter, Klemmstellen),
- Gefahr schwerer Unfälle nicht funktionsfähige, manipulierte Schutzeinrichtungen
- Verschleppung von infektiösen Stoffen.
Ablieferung und Entleerung,
Bei der Ablieferung des gesammelten Abfalls an Abfallbehandlungsanlagen oder Kippstelle können Ihre Beschäftigen auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Unternehmen treffen. Durch Tätigkeiten auf einem unbekannten Betriebsgelände und die Zusammenarbeit mit fremdem Personal können besondere Gefahrensituationen entstehen.
Maßnahmen zum innerbetrieblichen Verkehr
- Setzen Sie die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung um.
- Sorgen Sie für eine Trennung von Personen- und Fahrverkehr sowie für eine Trennung von innerbetrieblichem Verkehr und Anlieferungsverkehr.
- Legen Sie Verkehrswege fest und kennzeichnen Sie diese.
- Vermeiden Sie Kreuzungen und Gegenverkehr.
- Treffen Sie Regelungen für das Rückwärtsfahren.
- Legen Sie die angemessene Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge fest
- Legen Sie Verhaltensregeln für Besucherinnen und Besucher fest und regeln Sie den Zutritt.
- Stellen Sie eine ausreichende Beleuchtung des Arbeits- und Verkehrsbereiches sicher.
- Sorgen Sie für Anfahrschutz bei tragenden Gebäudeteilen.
- Treffen Sie Regelungen für den Reinigungs- und Winterdienst.
Rückwärtsfahren und Rangieren des Abfallsammelfahrzeuges
Das Rückwärtsfahren mit dem Abfallsammelfahrzeug ist ein sehr gefährlicher Vorgang. Es kommt auch heute immer noch zu schweren oder sogar tödlichen Unfällen. Organisieren Sie Sammelfahrten so, dass möglichst keine Rückwärtsfahrten erforderlich sind.
Wenn Sie alle Möglichkeiten zur Minimierung des Rückwärtsfahrens nach eingehender Prüfung ausgeschöpft haben und ein Rückwärtsfahren trotzdem notwendig ist, müssen Sie mittels der Gefährdungsbeurteilung festlegen, wie die gefahrlose Rückwärtsfahrt in dieser Situation durchzuführen ist.
Rechtliche Grundlagen
- §§5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG)
- §9 (5) und §49 (1) der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
- §7 (1) und (2), §16 der DGUV Vorschrift 43 und 44 „Müllbeseitigung“
- §46 der DGUV Vorschrift 70 und 71 „Fahrzeuge“
Um Unfälle zu verhindern, darf unberührt des o. g. Verbotes der Rückwärtsfahrt, nur dann rückwärtsgefahren werden, wenn alle anderen Möglichkeiten baulicher, technischer oder organisatorischer Maßnahmen ausgeschöpft wurden. Dazu gehören bspw. bauliche Veränderungen an den Zufahrten zu Sammelplätzen, die Änderung der Fahrstrecke (Tourenplanung), die Einrichtung von Bereitstellungsplätzen oder der Einsatz kleinerer Abfallsammelfahrzeuge. Bleibt es trotz o. g. Maßnahmen „unvermeidlich“ mit dem Abfallsammelfahrzeug im Entsorgungsgebiet rückwärts zu fahren, gelten mindestens die folgenden Grundsätze:
- Beiderseits des Abfallsammelfahrzeuges soll jederzeit ein Sicherheitsabstand zu allen Objekten von mindestens 0,5m über die gesamte Rückfahrstrecke gewährleistet sein.
- Die zurückzulegende Strecke soll nicht länger als 150m sein.
- Die Sicht durch die Rückspiegel nach hinten darf nicht behindert werden
- Die Rückspiegel sollen bei der Rückwärtsfahrt nicht angeklappt werden.
- Im Gefahrbereich des Abfallsammelfahrzeuges dürfen sich keine Personen aufhalten.
Das Arbeitsschutzgesetz fordert grundsätzlich, dass zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren wirksame Maßnahmen umgesetzt werden.
Für die Umsetzung der Maßnahmen gilt das Hierarchieprinzip:
TOP Technische Maßnahmen, vor organisatorischen Maßnahmen, vor personenbezogenen Maßnahmen.
Gesundheitsschutz
Bei der Sammlung und Behandlung von Abfällen bzw. Wertstoffen entstehen Lärm und Vibrationen, es staubt und riecht. Beschäftigte müssen zahlreiche schwere Lasten bewegen und Anteile der Abfälle können faulig oder schimmelig sein – das ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch mit mikrobiologischer Belastung der Beschäftigten einhergehen. In diesem Bereich finden Sie nähere Informationen zu den wichtigsten gesundheitlichen Gefährdungen in der Entsorgung und zu Schutzmaßnahmen gegen die schädlichen Auswirkungen.
Lärm
Auch in der Entsorgungswirtschaft stellt Lärm eine der Hauptgefährdungen für Beschäftigte dar. Was viele nicht wissen: Lärm kann nicht nur Gehörschäden und Stress verursachen, sondern auch zu einer erhöhten Unfallgefahr führen, die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, die Fehlerhäufigkeit erhöhen und die Sprachverständlichkeit erschweren.
Gefahrstoffe
Klar entstehen beim Bewegen von Abfällen grundsätzlich Stäube. Das heißt jedoch nicht, dass man dies hinnehmen muss und nicht ändern kann. Wie überall gilt die Rangfolge der Schutzmaßnahmen – vermeiden, dann technische Schutzmaßnahmen, organisatorische, und schließlich persönliche.
Biostoffe
Biostoffe ist der Fachbegriff für Mikroorganismen, die bei der Arbeit auftreten können. Nicht nur Beschäftigte in biologischen Labors oder Angestellte im Gesundheitswesen können damit zu tun haben, sondern sie treten auch in der Entsorgungswirtschaft auf – z. B. wenn Lebensmittel bzw. Lebensmittelreste in Abfällen enthalten sind, denn dann sind unter anderem Ausscheidungen von Schädlingen, Schimmelpilze und Bakterien zu erwarten.
Belastungen des Muskel-Skelett-Systems
Beim Ziehen und Schieben schwerer Abfallsammelbehälter treten Kräfte auf, die das Muskel-Skelett-System belasten. Davon besonders betroffen sind die Lendenwirbelsäule und das Schulter-Arm-System. Überbeanspruchungen durch jahrelange Fehlbelastungen können irreversible Schäden zur Folge haben.
Arbeitsmedizin
Die arbeitsmedizinische Vorsorge dient dazu, Ihre Beschäftigten im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefahren, die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit stehen, individuell zu beraten und Erkrankungen möglichst früh zu erkennen. Lassen Sie sich von Ihrer Betriebsärztin oder Ihrem Betriebsarzt auch in puncto Arbeitshygiene beraten!
Rechtliche Grundlagen
- §§4 – 6 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
- §9 der Biostoffverordnung (BioStoffV)
- §8 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
- Arbeitsmedizinische Regel (AMR) Nr. 2.1 Veranlassung arbeitsmedizinischen Vorsorge
- Arbeitsmedizinische Regel (AMR) Nr. 6.3 „Vorsorgebescheinigung“
- Arbeitsmedizinische Regel (AMR) Nr. 6.4 Mitteilungen an den Arbeitgeber
- Arbeitsmedizinische Regel (AMR) Nr. 6.5 Impfungen als arbeitsmedizinischen Vorsorge
- Arbeitsmedizinische Regel (AMR) Nr. 14.2 Einteilung von Atemschutzgeräten in Gruppen
- Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) A4.1 „Sanitärräume“
- Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 213 „Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen“
- Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 500 „ biologischen Arbeitsstoffen“
- Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 500 „Schutzmaßnahmen“
Arbeitsschutz organisieren
Die Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten liegt bei dem Unternehmer bzw. der Unternehmerin.
Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Element des betrieblichen Arbeitsschutzes. Sie dient der systematischen Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und Belastungen. Die gesetzliche Basis für die Gefährdungsbeurteilung ist das Arbeitsschutzgesetz.
Bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung ist die Unternehmerin oder der Unternehmer nicht allein. Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsärztin oder Betriebsarzt sollten mitwirken.
Organisation von wiederkehrenden Prüfungen
Schadhafte Fahrzeuge, Maschinen und deren Teile bergen Gefahrenquellen, die die Sicherheit der damit arbeitenden Personen gefährdet. Um sicherheitswidrige Zustände rechtzeitig erkennen und beheben zu können, sind daher für Arbeitsmittel regelmäßige Prüfungen vorgeschrieben.
Persönliche Schutzausrüstungen
Viele Arbeitsbereiche in der Abfallwirtschaft erfordern nicht nur Arbeits- oder Berufskleidung, sondern Schutzausrüstungen, die vor den jeweiligen Gefährdungen an den Arbeitsplätzen schützen. Denn nicht jede Gefährdung lässt sich durch die zu bevorzugenden technischen und organisatorischen Lösungen ganz beseitigen.
Die Beschäftigten sollen sicher und gesund arbeiten. Dafür müssen sie über die Gefährdungen an ihrem Arbeitsplatz informiert sein. Sie müssen die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Regeln kennen und anwenden.
Deshalb ist die auf den Arbeitsplatz und den Aufgabenbereich ausgerichtete Unterweisung besonders wichtig.
Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa)
- berät und unterstützt Unternehmer*innen, die Führungskräfte und die Beschäftigten in allen Fragen, die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit betreffen
- ist in fachlichen Dingen weisungsfrei
Betriebsärztliche Betreuung
- berät und unterstützt Unternehmer*innen, die Führungskräfte und die Beschäftigten in allen Fragen, die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit betreffen, vorwiegend aus Sicht der Arbeitsmedizinerin und des Arbeitsmediziners
- ist in fachlichen Dingen weisungsfrei